mīgozārad | it will pass

Kaum erschlossene Gebirgslandschaften und unerschrocken blickende Bergbewohner, scharf bewachte Schutzzonen und explosive Zerstörungen: Kaum ein anderes Land dürfte so sehr wie Afghanistan seit Jahrzehnten auf derartig begrenzte und oberflächliche Bilder reduziert sein. Sie zeigen ein unsicheres, ungesichertes, ja vielleicht im westlichen Verständnis am Ende unsicherbares Land. Zwischen Russland mit den südlichen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion, dem Iran, China und Indien gelegen, bildet Afghanistan zusammen mit Pakistan seit jeher einen geopolitischen Zwillingsraum, ein Epizentrum zermürbender Stellvertreterkriege und erfolgloser Verstaatlichungsversuche.

Im Zentrum dieses Gebietes liegt das von einer willkürlichen Grenze geteilte Hauptsiedlungsgebiet der Paschtunen, die im Persischen „Afghanen“ heißen. Traditionell verweigern sie sich zentralstaatlicher Ordnungsversuche und folgen ihrem eigenen Kodex, dem „Paschtunwali“. Das bis heute weitgehend staatsfreie Territorium der Paschtunen macht gut die Hälfte der beiden Länder aus. Dieser unwirtliche Grenzraum mit eigener Ordnung und voller Gewalt gilt seit Jahrhunderten als „Friedhof der Großmächte“. So erlitt das britische Heer 1842 am berüchtigten Chaiber-Pass eine verheerende Niederlage. Über ihn wird seit einigen Jahren ein großer Teil des Nachschubs der ISAF-Truppen geführt. Die Transporte sind Anschlagsziele in kaum kontrollierbarem Gebiet.

Habbo Knoch

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